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Städtebauliches und freiraumplanerisches Gesamtkonzept: "Ehemalige Daimlersiedlung, Stuttgart-Hallschlag"

2023
3. Preis Planungswettbewerb
Auslober: GWG Gruppe Stuttgart

Mitarbeit: Magdalena Müller, Matthias Stuffer

Landschaftsarchitektur: Studio Vulkan

Gesamtkonzept

Schreitet man durch den wunderbaren Grüngürtel aufs Grundstück, tritt man in eine andere Welt. Die Kraft der Nachkriegs-Moderne trifft einen in Mark und Bein.
Man sieht großzügige Freiflächen, üppige Bäume, ein freies luftiges Erdgeschoss, dass zum Flanieren einlädt und das alles wird gerahmt von 2 wunderbaren, fein gegliederten Riesen.

Alles scheint hier möglich.
Die Enge der Stuttgarter Gäschen weit weg, spaziert man über die grüne Mitte und wird doch plötzlich jäh in die Wirklichkeit zurückgepfiffen, wenn einer der Hausmeister einen ‚dezent‘ auf die rechtmässige Nutzung (nämlich die des Fernhaltens) der Grünflächen hinweist.

In der Mitte ist leer !

Und eigentlich steckt doch genau hier die Kraft; inmitten des starken Randes - eine aktive Mitte ! Hierin legen wir das Thema unseres Entwurfes, wir bilden eine Art Spielfeld auf dem Deckel der bestehenden und zu sanierenden Tiefgarage aus und ergänzen die ‚tote‘ Wiese um das Leben. Dabei nutzen wir den Bestand auch aus Gründen des Erhalts der grauen Energie und liefern eine Art Baukastensystem, mit welchem in den nächsten Jahren sukzessiv saniert werden kann.

Dort wo die Schäden am größten sind, nehmen wir Teile der Garage raus, erstellen innere Ränder und erhalten so ein fettes Pflanzbett in dem Bäume erster Wuchsordnung wurzeln können. An anderer Stelle entstehen auf dem sanierten Deckel Nutzflächen wie Gärten; Spielangebote oder auch mal ein Gemeinschaftspavillion.

Die Mitte wird aktiviert!

Die Kraft der großen Häuser greifen wir auf und setzen im Nordosten eine Art Abschlussbaustein, einen Turm, der mit dezenter Drehung etwas aus dem System zu brechen scheint und halten so wesentliche Teile des Grundstückes frei, womit es gelingt einen großen Teil des wunderbaren Baumbestandes im Norden zu erhalten.

Im Südwesten bilden wir mit einem Art Kantenhaus eine nutzbare Schwelle zu den tieferliegenden Bereichen der Riegelgebäude an der Rostocker Straße, auch hier kommt der Binnenraum zu einem Abschluss. Unter dem Gebäude verbindet eine große Freitreppe die beiden öffentlichen Räume. Die Tiefgaragenzufahrt wird dezent auf die Seite gerückt.

Beide die Mitte abschließenden Gebäude erhalten Nicht-Wohnnutzungen im Erdgeschoss.

Die Ergänzungsbauten an der Rostocker Straße sind zum Bestand versetzt und schaffen trotz der Ähnlichkeit der Häusersetzung zum Bestand eine raumbilden Wirkung, eine Art Abschluss der grünen Innenhöfe.

Nachhaltigkeitskonzept

Die Gebäude sind in einer nachhaltigen Bauweise geplant: alle Wohngebäude sind als Holzhybridbauten mit Stahlbetonskelett und vorgestellter Holzständerwand vorgeschlagen. Die erdberührenden Bauteile bestehen aus Recyclingbeton.
Zur Förderung der Biodiversität werden Nistkästen, Fledermausbretter und Insektenhotels in die Planung integriert. Für die Grünflächen werden ökologisch wertvolle Pflanzen ausgewählt. Die Beleuchtung wird insektenfreundlich gestaltet. Alle Dächer sind mit Photovoltaikanlagen geplant.

städtebaulicher realisierungswettbewerb 653192 daimlersiedlung hallschlag

Energiekonzept

Es entstehen kompakte Baukörper, die einen geringen Fußabdruck hinterlassen. Große Teile des Baumbestandes können erhalten werden. Der ökologische Fußabdruck wird dadurch auch positiv beeinflusst.

Dank hoch wärmegedämmter Hüllen kann der Heizwärmebedarf minimiert werden.

Um das Quartier mit erneuerbarer Energie zu versorgen, wird mit Sonnenenergie und Wasser gearbeitet. Der Strom wird mittels Wärmepumpe zum Beheizen der Räume genutzt. Dabei wird insbesondere in den Gewerbefläche auf aufwändige Lüftungsanlagen verzichtet, durch eine Betonkernaktivierung werden die

Decken als Grundheizung und im Bereich der Gewerbeflächen auch zur Spitzenlastkühlung verwendet werden. Die Wärme/Kühlung wird über Erdsonden mit Wärmepumpen generiert, der Strom wird auf den Dächern und an den Fassaden erzeugt.

Freiraumkonzept

Die ehemalige Daimlersiedlung am Hallschlag ist vom Freiraum und raumbildendem Baumbestand geprägt. Die ausgewachsenen Großbäume vermitteln die großen Volumen der Baukörper in den Stadtraum und wirken wie ein durchlässiger Filter zwischen den offenen Wiesenflächen und der Nachbarschaft. Der Freiraumentwurf baut auf diesen spezifischen Qualitäten auf und entwickelt sie weiter. Mit behutsamen städtebaulichen Setzungen kann der vorhandene Baumbestand weitestgehend erhalten werden und bildet auch für die Neubauten eine imposante grüne Kulisse. Nur durch kleinere Eingriffe in die Erschließungsfigur wird die Wegestruktur verbessert und das wohnungsnahe Freiraumangebot wird durch zeitgemäße Nutzungsbereiche ergänzt. Die funktionalen Nebenbereiche für Müllentsorgung und Fahrradparken sind in den grünen Rahmen integriert. Es entsteht eine zusammenhängende Freiraumfigur, die die übergeordneten Grundsätze des Masterplans aufnimmt und Bestands- und Neubauten als ein gestärktes Quartier ablesbar macht.

freiraum - wohnen im westen

Die neuen Baukörper im westlichen Quartier adressieren sich zur Rostocker Straße. Sie bildet den Eingang in das nachverdichtete Wohnquartier. Mit einer durchgängigen Begrünung, Zonen für Kurzzeitparken, Bereichen für Fahrradparken und integrierten Aufenthaltsbereichen wird die Rostocker Straße zur verkehrsberuhigten Wohnstraße mit erhöhter Freiraumqualität weiterentwickelt. Eingebettete Grünflächen können das anfallende Regenwasser aufnehmen und gliedern den Straßenraum. Ein wasserdurchlässiges Wegenetz erschließt die Grünbereiche zwischen den Wohnzeilen und aktiviert den Freiraum. Artenreiche Blühwiesen und gemähte, nutzbare Rasenflächen schaffen ein vielfältiges Vegetations- und Nutzungsangebot. Die Freiflächen können das auf den Dächern anfallende Regenwasser aufnehmen und lokal versickern.

freiraum - wohnen am feld

Das Feld, das sich zwischen den beiden Bestandshochhäusern und dem neu gesetzten Hochhaus im Nordosten aufspannt bildet das Herz des Quartiers. An diesem großen, offenen und zugänglichen Freiraum findet sich die neue und die vorhandene Nachbarschaft zusammen. Das Feld wird von einem Belagsrahmen gefasst. Als Erschließungszone bindet er die Erdgeschosse an und reagiert auf die

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räumlichen Gegebenheiten. Ein rasterartiges Wegenetz aus Haupt- und Nebenwegen schafft ein Grundgerüst, und erschließt das Feld in die Tiefe. In diese flexible Grundstruktur werden Gemeinschaftsgärten, artenreiche Blühwiesen, Spielrasenflächen, Bienenweiden und Flächen für Sport und Erholung eingewoben. Kleine Bauten für soziale und gemeinschaftliche Nutzungen markieren Treffpunkte in der Struktur. Ein lebendiges Band aus vielfältigen Nutzungen entsteht.

In der Bestandssituation ist die große Freifläche beinahe vollständig unterbaut und in Teilflächen versiegelt. Im ersten Schritt werden die bestehenden Belagsstrukturen zurückgebaut und das grüne Grundgerüst angelegt. Im Endausbau werden einzelne Parkfelder aufgelöst und die Unterbauung „perforiert“. In diese ertüchtigten, unterbauungsfreien Bereiche kann Regenwasser versickert und strukturgebende Baumpflanzung integriert werden. Baumreihen und Baumgruppen als raumbildende Elemente unterstreichen die Freiraumstrukturen. Dabei tragen die Bäume durch Verschattung und Transpiration auch zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Die geplanten Baumpflanzungen werden auf das Raster der Bestandsgarage ausgerichtet. Im früheren Ausbaustadium sind keine vorbereitenden nötig und die Umsetzung kann flexibel und je nach tatsächlichem Stellplatzbedarf erfolgen.

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